Jugendberufsagentur

(hinten v.l.) Markus Rempe und Henning Matthes, (sitzend v.l.) Karl-Eitel John, Dr. Axel Lehmann und Heinz Thiele

Die Schule ist (fast) beendet, die Suche nach dem richtigen Beruf hat begonnen, vielleicht steht der Umzug in eine eigene Wohnung an – kaum eine Zeit im Leben ist mit soviel Aufregung, aber auch Unsicherheit verbunden. Dort, wo die Hilfe von Eltern, Familie und Freunden nicht ausreicht, benötigen diese jungen Menschen weitere Unterstützung, um die neuen Aufgaben und Verpflichtungen bewältigen zu können. „Damit auf dem Weg in Arbeit und Ausbildung keiner der betroffenen Jugendlichen auf der Strecke bleibt, hilft ab sofort in Blomberg und Umgebung eine neu gegründete Jugendberufsagentur“, erklärt Landrat Dr. Axel Lehmann. Die Jugendberufsagentur (JBA) hat ihren Sitz im Dienstleistungszentrum in der Bahnhofstraße und ist eine direkte Kooperation der Agentur für Arbeit, des Jobcenters Lippe, des Kreisjugendamtes Lippe und der Kommunalen Koordinierungsstelle Schule-Beruf (Schu.B) der Lippe Bildung eG.

 

„Durch die enge fachliche und direkte räumliche Zusammenarbeit der Kooperationspartner lassen sich die Beratung und Betreuung der jungen Leute aus Blomberg und den umliegenden Gemeinden wie Barntrup, Lügde oder Schieder noch besser auf einander abstimmen und von allen Beteiligten gemeinsam gestalten“, gibt Henning Matthes, Vorstand des Jobcenters, die Devise für die Jugendberufsagentur aus. Heinz Thiele, Leiter der Agentur für Arbeit in Detmold, pflichtet dem bei: „Wir möchten den Fokus unserer Arbeit ganz klar ausrichten. Nicht die rechtliche Zuständigkeit, sondern der junge Kunde und sein Anliegen stehen im Mittelpunkt unserer gemeinsamen Arbeit.“

 

Sozialgesetzbuch II, III oder VIII: Danach richtet sich im Normalfall, welche der drei Institutionen für den Jugendlichen zuständig ist – für die Betroffenen und Außenstehende nicht selten ein undurchschaubares System. „Zu häufig glich die Suche nach Hilfe einem Pingpong-Spiel, in dem die jungen Menschen von einem Amt zum nächsten geschickt wurden“, erklärt Karl-Eitel John, Leiter des Fachbereiches Familie, Jugend, Soziales beim Kreis Lippe. Das neue Beratungsangebot mit seiner offenen Sprechstunde soll dies ändern.

 

Beispielsweise im Fall eines 17-Jährigen, der vom Jugendamt betreut im Heim lebt und nun daraus entlassen wird. Hilfe und Unterstützungsleistungen des Jugendamtes laufen aus und er bekommt den Hinweis, sich beim Jobcenter zu melden. Wohnungssuche, Antragsstellung auf „Hartz IV“, Ausbildungsplatz- oder Arbeitssuche – all das muss der Jugendliche alleine bewältigen und ist damit schnell überfordert.

 

„Ziel der JBA ist es in einem solchen Fall, einen reibungslosen Übergang zu schaffen“, erklärt Henning Matthes vom Jobcenter. Die Mitarbeiter des Jugendamtes melden zukünftig der Jugendberufsagentur im Vorfeld, wenn ein Jugendlicher aus einem Heim entlassen wird. Jugendamt und Jobcenter können so direkt vor Ort miteinander abstimmen, welche Hilfen der Betroffene braucht, um seine neue Eigenverantwortung zu bewältigen, eine Wohnung zu finden und alle Anträge auf finanzielle Hilfen rechtzeitig zu stellen.

 

Fallbeispiel 2: Eine Familie nimmt an einem vom Jobcenter angebotenem Coaching teil, mit dem Ziel von „Hartz IV“ unabhängig zu werden. Ein Coach besucht dabei die Familie zu Hause und erarbeitet zusammen mit den Eltern ein persönliches Hilfenetzwerk, um die Vermittlungsaussichten zu verbessern. Für die gleiche Familie ist auch das Jugendamt aktiv, allerdings mit etwas anderer Zielsetzung. Für Jugendamt und Jobcenter unbewusst gibt es in der Familie ein Überangebot an Begleitung, welches auch irritierend wirken kann.

„Häufig betrachten alle Seiten einen Fall nur aus der eigenen fachlichen Sichtweise. Werden die Fälle gemeinsam beraten, lassen sich Doppelarbeit vermeiden und die Hilfen noch besser aufeinander abstimmen. Mit dem Wissen über die Möglichkeiten der anderen Kooperationspartner können Kunden ganzheitlich beraten werden und Unterstützungsleistungen abgesprochen werden“, verdeutlicht Karl-Eitel John.

 

Doch nicht nur bei der Bewältigung von schulischen und familiären Problemen hilft die JBA. Heinz Thiele verspricht: „Jobcenter und Agentur für Arbeit unterstützen insbesondere bei der Berufsorientierung oder dem Finden eines richtigen Ausbildungs- oder Studienplatzes.“ Verknüpft wird dieses Angebot der JBA mit dem vom Schu.B in Lippe koordinierten Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss“. „Die enge Vernetzung stellt einen weiteren Schritt dar, um Jugendliche kontinuierlich von der Schule in den Berufs zu begleiten“, ist Markus Rempe, Vorstandsvorsitzender der Lippe Bildung eG, überzeugt. Jeden Donnerstag findet von 15 bis 16 Uhr eine offene Sprechstunde statt, zu der jeder Jugendliche auch ohne Termin kommen kann. Für Gespräche außerhalb der Sprechstunde können Termine vereinbart werden.

 

Die Grundidee einer Jugendberufsagentur wurde im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgeschrieben. In Lippe stießen die Planer bei der Umsetzung auf einige regionale Begebenheiten: einen Flächenkreis und eine Aufteilung auf ein Kreisjugendamt mit verschiedenen Regionalbüros und vier zusätzlichen städtischen Jugendämtern. Mit Blomberg geht nun eine erste Pilotregion für Lippe an den Start. Dass die JBA dabei ihren Sitz im Dienstleistungszentrum Blomberg hat –  also dem Haus, in dem alle drei beteiligten Ämter bereits untergebracht sind –  bezeichnet Landrat Dr. Axel Lehmann als Glücksfall: „Selbst in benachbarten Großstädten ist dies nicht der Fall. Dort werden die Jugendliche zwar durch eine Jugendberufsagentur geleitet, müssen aber trotzdem noch zu den verschieden Anlaufstellen der diversen Ämter pendeln.“ Alle Beteiligten wünschen sich, dass bei guten Ergebnissen in Blomberg Jugendberufsagenturen auch in anderen Regionen in Lippe aufzubauen.


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