Weil Daten von Smart-TV-Nutzern ungefragt abgriffen werden, hat die Verbraucherzentrale NRW jetzt Klage gegen die Samsung Electronics GmbH beim Landgericht Frankfurt am Main eingereicht: Ab Werk hat der Elektronik-Riese die Grundeinstellungen bei internetfähigen Fernsehgeräten so konfiguriert, dass diese schon bei der bloßen Inbetriebnahme und dem Anschluss an den Internetzugang automatisch Daten übertragen. Darüber jedoch wird der Neubesitzer weder informiert noch kann er etwas dagegen unternehmen. „Smart-TV is watching you“, zeichnet NRW-Verbraucherzentralenvorstand Wolfgang Schuldzinski ein düsteres Bild.
Mit ihrer Musterklage gegen einen der Marktführer für TV-Geräte will die Verbraucherzentrale NRW nun erreichen, dass Daten erst nach entsprechender Information durch die Gerätehersteller und nach Einwilligung der Nutzer übertragen werden. Konkret geht es um das Samsung-Modell UE40H6270. Den ersten Verhandlungstermin hat das Landgericht Frankfurt für den 19. Mai 2016 angesetzt.
Der digitale Beobachter von Fernsehgewohnheiten steckt im HbbTV-Standard, was für „Hybrid broadband broadcast TV“, also die Kombination von Fernsehen und Internet, steht. Fast alle Gerätehersteller und die meisten deutschen Sender verwenden diesen für ihre Smart-TV-Angebote: Über den roten Knopf der Fernbedienung ermöglicht er, aus dem laufenden Programm heraus zum Beispiel Zusatzangebote oder verpasste Sendungen aus der jeweiligen Mediathek aufzurufen.
„Doch nicht erst beim Aufrufen von Inhalten aus dem Internet werden Daten zwischen Fernsehgerät und Samsung-Server ausgetauscht, sondern schon bei der bloßen Inbetriebnahme wird mit der HbbTV-Funktion standardmäßig die IP-Adresse des jeweiligen Internetanschlussinhabers übertragen. Dadurch wird es möglich, den Anschlussinhaber zu identifizieren“, erläutert der Verbraucherzentralenvorstand.
Für die Erhebung und Verwendung dieser Daten fehlt es nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW mangels Einwilligung der Nutzer jedoch an einer rechtlichen Grundlage. „Nutzern muss klar gemacht werden, dass – anders als bei den klassischen – bei den internetfähigen Fernsehgeräten schon nach dem ersten Anschließen und der Inbetriebnahme die Datenübertragung in Gang kommt“, so Schuldzinski. Die Verbraucherschützer wollen erreichen, dass Samsung vor der Nutzung der HbbTV-Funktion in verständlichen und gut wahrnehmbaren Datenschutzbestimmungen über die Erhebung und Verwendung von Daten informieren muss. Außerdem müsse erst eine entsprechende Zustimmung vorliegen, bevor es zu einer Übertragung von Daten kommt.
Nachbesserungsbedarf hat die Verbraucherzentrale NRW für Samsung auch bei der Verbraucherinformation zur Nutzung von Smart-Hub ausgemacht: Bei all diesen Funktionen, die via TV-Gerät zum Beispiel auch Zugang zu Nachrichten- und Spiele-Apps bieten, wird zwar vor der ersten Aktivierung die Einwilligung zur Erhebung und Verwendung von Daten verlangt. Doch die Datenschutzbestimmungen, die auf 56 Bildschirmseiten über das Ob und Wie der Datenübermittlung informieren, sind so unverständlich, lang und kompliziert, dass kein durchschnittlicher Fernsehnutzer die Folgen seiner Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen durchblickt. Mit der Klage wollen die Verbraucherschützer mehr Transparenz und Verständlichkeit im Kleingedruckten erreichen.
Vom Gang vor Justitia hätte die Verbraucherzentrale NRW übrigens abgesehen, wenn Samsung bereit gewesen wäre, in der Grundeinstellung der Geräte eine anonyme Nutzung ohne Datenübertragung vorzusehen. „Die Standardeinstellungen müssen immer die datenschutzfreundlichsten sein“, erklärt der Verbraucherzentralenvorstand. Die technische Möglichkeit, die Datenübertragung nachträglich zu deaktivieren, genügt den Verbraucherschützern nicht.
Pressemeldung Verbraucherzentrale NRW
«« vorheriger Beitrag: „Chinaseuche“ bei Kaninchen nachgewiesen
nächster Beitrag: Immergrüne Gehölze vor Vertrocknen schützen »»