In der gemeinsamen Sitzung vom Hauptausschuss mit dem Ausschuss für Senioren, Jugend und Soziales, erging ein aktueller Sachstandsbericht an die Mitglieder. Bürgermeister Klaus Geise erläuterte, das es heute nicht um das geopolitische Versagen oder darum gehen soll, dass erarbeitete Lösungen erst verspätet auf kommunaler Ebene ankommen, man wisse nun mal wie von Bund auf Land – Kreis und Kommune heruntergebrochen würde, sondern um einen Sachstandsbericht auf lippischer Ebene und natürlich auch auf Blomberger Ebene. Als Redner wurden dazu Silvia Beine vom Kreis Lippe, Pastor Hermann Donay (für den Runder Tisch Flüchtlinge) und Fachbereichsleiter Rüdiger Winter geladen.
Als eine erste Zahl nannte Silvia Beine 800.000 prognostizierte Flüchtlinge für ganz Deutschland, gab jedoch gleich zu bedenken, dass Experten sogar von rund 1 Mio. zu erwartenden Flüchtlingen ausgehen. Neben Syrien (22,9%) kommt ein rund ein Drittel aller Flüchtlinge aus den Balkanstaaten nach Deutschland. Diese würden zwar nicht politisch verfolgt, im eigenen Land jedoch stark diskriminiert. Das spiegelt sich dann auch in den Anerkennungsquoten wieder. Während Flüchtlinge aus Syrien, Irak, Eritrea oder Afghanistan Quoten zwischen 80% und 90% aufweisen, sind es für Serbien, Kosovo und Albanien lediglich zwischen 0,4% und 0,1%.
„In Lippe dürfen wir von rund 2.000 aufzunehmenden Flüchtlingen ausgehen, ich hatte bereits vor zwei Jahren vor einem rasanten Anstieg der Zahlen gewarnt. Das die Zahlen jedoch derart explodieren werden hätte wohl niemand vermutet“, so Beine. 300.000 Anträge warten aktuell noch auf deren Bearbeitung. Eine Frage die Beine aufwarf lautet: „Wie bringen wir diese Menschen in Lohn und Brot? Nicht alle sind hochqualifiziert, motiviert sind sie jedoch alle. Ohne die Ehrenamtlichen wären die Hauptamtler übrigens überfordert, alles kann jedoch auch nicht über das Ehrenamt aufgefangen werden.
Bei der Verteilung der Flüchtlinge auf die Kommunen liegt Blomberg im oberen Drittel, was an der wirtschaftlichen Stärke Blombergs liegt. Stellen Sie sich in Blomberg schon jetzt auf weitere und noch höhere Zuweisungen ein. Anerkannte Flüchtlinge haben das Recht ihre Familien nachzuholen (Ehepartner und Kinder) – dadurch wird uns ein weiterer Flüchtlingsstrom erwarten. Das ist kein Thema, was uns nur noch im nächsten Jahr beschäftigen wird, das wird uns über Jahre begleiten und unsere Gesellschaft prägen und verändern.“
Auch Fachbereichsleiter Rüdiger Winter konnte aktuell Zahlen liefern. Allein im September hat Blomberg 56 neue Flüchtlinge aufgenommen, in Summe sind es nun 231 Menschen. Die Kapazitäten in Blomberg sind aktuell am Limit, das ändert sich erst, wenn ab dem 12. Oktober das Flüchtlingsheim am Lehmbrink bezogen werden kann. Winter räumte jedoch ein: „Die Bauarbeiten laufen auf Hochtouren, dennoch könnte es zu einer Verschiebung von einer Woche kommen. Das Feriendorf hat uns Unterstützung signalisiert. In den ferienfreien Zeiten können wir darauf zurückkommen. Ab dem 1.1.2016 werden wir vermutlich ein weiteres Objekt anmieten müssen, um Bedarfe decken zu können.“
Pastor Hermann Donay resümierte über den Runden Tisch Flüchtlinge: „Im März kam der Impuls aus dem Arbeitskreis Migration und Integration zur Einrichtung, mittlerweile hat vor 14 Tagen bereits der 5. Runde Tisch mit über 70 Teilnehmern stattgefunden. Eine Zahl die verdeutlicht, wie groß der Wunsch nach Begegnung ist. Ich bin froh, dass wir das Begegnungscafé 8 bei uns haben und unser Gemeindezentrum auch darüber hinaus Begegnungsstätte geworden ist. Die Flüchtlinge haben großes Interesse daran in unsere Gesellschaft hineinzuwachsen.
Es gibt viele einfache doch elementare Dinge zu regeln. Der Behördengang, die Organisationsfahrt oder aber auch das Einkaufen landestypischer Speisen für die Flüchtlinge, die übrigens überrascht sind, dass man in unseren Wäldern gefahrlos übernachten kann oder das auch in Deutschland Mensch und Tier früher unter einem Dach gelebt haben (Besuch Freilichtmuseum). Es freut mich sehr, dass es immer neue Ehrenamtler gibt, die uns unterstützen wollen. Wir wollen den Fokus künftig noch stärker auf die Sprachkurse legen, dann eben auch durch ehrenamtliche Helfer.
Aber auch die Ehrenamtler brauchen Unterstützung in Form von Begleitung im Hintergrund. Der regelmäßige Austausch erfolgt mittlerweile einmal im Monat. Die Schicksale der Menschen sind teilweise beeindruckend, teilweise erschreckend. Das gilt es zu verarbeiten und auszuloten, wie weit man in welchem Zusammenhang gehen kann. Koordinatoren für das soziale Ehrenamt wird künftig ein hoher Stellenwert zukommen, die sozialarbeiterische Begleitung sehr wichtig.“
Bürgermeister Klaus Geise erklärte: „Wir sind im positiven Sinne aneinander gekettet und müssen uns auf kommunaler Ebene dauerhaft engagieren. Wir werden am Lehmbrink mit eigenem Personal arbeiten. Es wird einen Hausmeister geben, aber auch einen Verwalter (Hausleitung), der sich um die Belange aller Einrichtungen kümmern wird. Dieser soll nicht nur Ansprechpartner für Flüchtlinge, sondern auch für Anwohner und Ehrenamtliche sein. Ferner werden wir auch mit Teilzeitkräften und Mini-Jobbern arbeiten, möglicherweise sogar auch aus den Reihen der Flüchtlinge. Auch sollen Anfragen an die Bundesfreiwilligendienstler gestellt werden.
Nur im Sicherheitsbereich werden wir auf einen externen Dienstleister zurückgreifen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich auch bei meinen Mitarbeitern zu bedanken. Das Ehrenamt in allen Ehren, aber auch meine Leute arbeiten am Anschlag dessen, was machbar ist, das geht weit über die eigentlichen Aufgaben in der Verwaltung hinaus. DANKE! Ich bitte daher auch um Verständnis dafür, wenn es in der Verwaltung aktuell mal zu Verzögerungen in der Bearbeitung kommt. Wir sind zwar nur eine kleine, dafür aber gut vernetzte Stadt und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dieser Herausforderung, dieser Daueraufgabe, gemeinsam gewachsen sind.
Fortfolgend finden unsere Leser noch ein paar Grafiken zur besseren Veranschaulichung.