Windhorst: Demenz-Patienten müssen ihre Würde und Selbstbestimmungsmöglichkeiten behalten. „Nicht nur die medizinische und pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz wird uns vor große Herausforderungen stellen. Wir werden uns auch mit der ethischen Frage beschäftigen müssen, über wieviel Selbstbestimmung ein dementer Mensch noch verfügt. Wir müssen erkennen, welche Bedürfnisse er hat, um so mögliche Zwangsmaßnahmen zu verhindern.“ Dies erklärt der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), Dr. Theodor Windhorst, anlässlich des heutigen Ethikforums „Selbstbestimmung und Demenz“ der ÄKWL in Münster.
Für viele Menschen sei es schwer vorstellbar, auch mit der Diagnose Demenz noch eine gute Lebensqualität erfahren zu können. Man dürfe Demenzkranke nicht lediglich als pflege- und hilfsbedürftige Kranke wahrnehmen. „Wir sollten versuchen, die Menschen mit Demenz nicht nur aus dem medizinisch-pflegerischen Blickwinkel zu betrachten, sondern den Menschen an sich in den Mittelpunkt zu stellen“, so Windhorst. „Demenz- Patienten müssen ihre Würde und ihre Selbstbestimmungsmöglichkeiten behalten können.“ Das Gebot, die Würde des Menschen zu achten, gelte auch für den Umgang mit den Demenzkranken und für die Gestaltung ihres Lebens. Selbst wenn Demenzkranke sich kaum noch artikulieren und orientieren könnten, müsse der Erhalt ihrer Lebensqualität immer an erster Stelle stehen. Dabei würden natürlich auch zahlreiche ethische Fragen berührt: Hat der Arzt oder Pfleger das Recht, freiheitsentziehende Maßnahmen zu ergreifen? Ist es noch gute Lebensqualität, mit einer Magensonde ernährt zu werden? Kammerpräsident Windhorst spricht sich für einen nationalen Aktionsplan Demenz aus, um die flächendeckende Verbesserung der medizinischen, pflegerischen und sozialen Versorgung Demenzbetroffener zu koordinieren. Demenzkranke sollten stärker am gesellschaftlichen Leben teilhaben und über ihr Leben bestimmen können als bisher.
Auch bei der Pflege sollten die jeweils noch vorhandenen Selbstbestimmungsmöglichkeiten von Menschen mit Demenz berücksichtigt werden. Zudem müsse die Arbeit der pflegenden Angehörigen mehr unterstützt werden. Dies schließe eine bessere finanzielle Unterstützung ein. Windhorst: „Um die Selbstbestimmungsmöglichkeiten demenzbetroffener Menschen zu wahren und zu schützen, müssen die UN-Konventionen über die Rechte von Menschen mit Behinderung, die auch für Demenzbetroffene gelten, konsequent zur Anwendung kommen.“
Mit nahezu 300.000 Neuerkrankungen pro Jahr sind die Demenzerkrankungen eine der größten Herausforderungen unserer Gesellschaft. 2030 werden Schätzungen zufolge 2,3 Prozent der Bevölkerung dement sein, im Jahr 2060 sind es voraussichtlich schon 3,8 Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet das, dass sich die Zahl der Patienten mit Demenz von heute bis 2060 verdoppeln wird.
Vor diesem Hintergrund hat die Ärztekammer Westfalen-Lippe bereits im letzten Jahr eine Demenzbeauftragte benannt, um Ärztinnen und Ärzte für das Thema zu sensibilisieren. Im Jahr 2014 wurde gemeinsam mit der Ärztekammer Nordrhein ein Aktionsjahr „Demenz im Blick“ veranstaltet, das mit verschiedenen Veranstaltungen und Fortbildungen das Thema Demenz aus den verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet hat, etwa Demenz im Krankenhaus, Demenz in der Hausarztpraxis und Vernetzung bei der Behandlung von Patienten mit Demenz.
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