Studie Weist der Branche HandlungsSpielräume nach. Die Verbraucherzentrale NRW fordert Strompreissenkungen in der Grundversorgung, unabhängig vom möglichen Sinken der EEG-Umlage. Denn Spielraum dafür gibt es vielerorts bereits jetzt, wie die Verbraucherzentrale NRW in einer Langzeituntersuchung aller NRW-Grundversorgungspreise zeigt: Im Branchenschnitt ist der Stromeinkauf für die Unternehmen deutlich billiger geworden, doch bei den Kunden kam davon so gut wie nichts an. Das Ausmaß der Preissteigerungen der vergangenen Jahre ist, wie die Studie weiter zeigt, zumindest bei den NRW-Grundversorgern keineswegs nur durch steigende Umlagen, Abgaben und Netzentgelte begründet. Sondern auch dadurch, dass die Unternehmen im Branchenschnitt immer mehr Geld zur Deckung ihrer Vertriebskosten und für ihre Marge einnehmen.
Manche Grundversorger fallen zudem besonders auf, wenn man ihre Preise um alle staatlich vorgegebenen und regulierten Bestandteile wie Abgaben, Umlagen und Netzentgelte bereinigt: Um bis zu 25 Prozent über dem Branchenschnitt liegen sie mit den verbleibenden, von ihnen selbst beeinflussbaren Preisbestandteilen. Ein derart hohes Niveau in der Preisgestaltung widerspricht nach Auffassung der Verbraucherzentrale NRW der sozialen Idee hinter der Grundversorgung. Die Verbraucherschützer leiten ihre Ergebnisse deshalb an die zuständigen Kartellbehörden weiter.
„Die Grundversorgung ist kein Tarif wie jeder andere, sondern dient auch im geöffneten Strommarkt noch der staatlichen Daseinsvorsorge“, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. Die Preise müssten deshalb möglichst günstig sein und sich an den entstehenden Kosten orientieren. Letzteres gelte nicht nur, wenn die Kosten zum Beispiel durch Umlagenerhöhungen stiegen, sondern eben auch, wenn sie durch günstigeren Stromeinkauf sänken.
Kunde in der Grundversorgung ist unter anderem jeder, der nie ausdrücklich einen Stromlieferungsvertrag geschlossen hat. Bundesweit sind knapp 37 Prozent der Haushalte in der Grundversorgung. Darunter sind auch viele schutzbedürftige Kunden, denen ein Tarifwechsel schwer fällt oder unmöglich ist. „Ausgerechnet hier die Margen zu steigern, wäre inakzeptabel und widerspräche dem Prinzip der preisgünstigen Versorgung im Energiewirtschaftsgesetz“, betont Schuldzinski.
Genau diesen Verdacht der Margensteigerung in der Grundversorgung aber legt die Studie für die Gesamtbranche nahe. Untersucht wurden die Strompreise aller 106 Grundversorger des Landes an 43 monatlichen Stichtagen von Dezember 2010 bis Juni 2014. Genauer in den Blick nahmen die Experten der Verbraucherzentrale NRW nur den Teil des Preises, den die Firmen beeinflussen können. Sämtliche Abgaben, Steuern, Umlagen und regulierten Entgelte zogen sie dafür ab. Übrig blieb die Unternehmensspanne, die sich aus den Kosten für den Stromeinkauf, den Vertriebskosten und der Marge zusammensetzt.
Im Branchendurchschnitt blieb die Höhe dieser Unternehmensspanne seit Dezember 2010 nahezu konstant bei rund 8,6 Cent. Sie hätte aber sinken müssen, wenn die Preisgestaltung tatsächlich streng an den Kosten ausgerichtet wäre. Denn der Stromeinkauf der Unternehmen ist im selben Zeitraum im Schnitt um etwa ein Viertel günstiger geworden. Dass die Unternehmensspanne dennoch nicht sank, bedeutet, dass der Preisanteil für Vertrieb und Marge branchenweit wuchs – um beinahe ein Drittel. „Es ist kaum davon auszugehen, dass die Vertriebskosten in so kurzer Zeit so drastisch gestiegen sind“, sagt Schuldzinski.
Für die einzelnen Grundversorger offenbart die Studie allerdings große Unterschiede. Bei manchen liegt die Unternehmensspanne um 25 Prozent unter dem Durchschnitt, andere weichen ebenso weit nach oben ab. „Bei Anbietern mit besonders hoher Unternehmensspanne sehen wir großen Erklärungsbedarf“, sagt Schuldzinski. „Warum schaffen es diese Unternehmen nicht, die Grundversorgung nach Abzug aller Umlagen, Abgaben und regulierten Entgelte zu vergleichbaren Konditionen zu gewährleisten wie andere?“ Diese Frage möchte die Verbraucherzentrale NRW durch die zuständigen Kartellbehörden geklärt wissen. Diese sollen prüfen, ob manche Grundversorger ihre marktbeherrschende Stellung ausnutzen, um überhöhte Entgelte zu verlangen.
Dass sinkende Kosten für den Stromeinkauf künftig direkter an die Grundversorgungskunden weitergegeben werden müssen, soll nach Auffassung der Verbraucherschützer in der aktuell diskutierten Novelle der Grundversorgungsverordnung festgeschrieben werden. Den Stromkunden rät die Verbraucherzentrale NRW generell, den Wechsel in einen anderen Tarif zu prüfen. In einer landesweiten Aktion halten die Beratungsstellen dazu im Oktober örtliche Tarifübersichten bereit. Hilfe bei der Suche nach günstigen, sicheren Verträgen bieten sie jederzeit im Rahmen der Beratung an.
Pressemeldung Verbraucherzentrale NRW
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